Schwierige Jahre

Nach der Gründung des Siedlervereines im Jahr 1932 hatte die Siedlung weiterhin mit verschiedensten Widrigkeiten zu tun: die Arbeitsmoral ließ nach, vor allem bei den Siedlern, die schon ihr eigenes Häuschen bezogen hatten und lieber ihr eigenes Heim in Stand bringen wollten als der Gemeinschaft zu dienen.

Im Jahr 1933 kam die Wende zum Nationalsozialismus. Der Vorstand des Siedlervereines wurde durch den „Siedlerführer“ abgelöst. Die Siedlerstellen wurden zu „Reichsheimstätten“, es musste ein Heimstättenvertrag unterschrieben werden, der das Bebauen des Gartens und die Kleintierhaltung zur Pflicht machte. Zur Nahversorgung der Siedler wurden einige Geschäfte gegründet: die Bäckerei Wolferseder, das Milchgeschäft Wagner, das Lebensmittelgeschäft Ruf und die Kohlenhandlung Oswald.

Eine besondere Schwierigkeit war die Versorgung mit Gas. Das Gas konnte nur mit Gasmarken an einem Automaten entnommen werden und der Verbrauch von Gasstümpfen war hoch und entsprechend teuer. Die Wasserversorgung wurde durch einen Pauschbetrag, den jeder Siedler zahlte, abgedeckt. Da der Wasserdruck zu niedrig war, gab es im Sommer Wassermangel, der durch die Pumpbrunnen, die jede Siedlerstelle hatte, ausgeglichen wurde.

Dennoch wuchs die Siedlung. Es kam zusätzliche Hilfe durch die Einsätze des „freiwilligen Arbeitsdienstes“. Da immer mehr Kinder dazukamen, wurde der Bau einer Schule notwendig. Im Jahr 1935 konnten 215 Kinder in die neue Gemeinschaftsschule einziehen, die zunächst die Klassen 1 – 4 beherbergte. Zur gleichen Zeit entstand die Kirche, Kaplan Kerker war der erste Geistliche, der seinen Dienst antrat. Des weiteren wurde eine Gaststätte gebaut, leider ohne Saal und ein Gemeindehaus kam dazu. Mit Beginn des zweiten Weltkrieges kamen schlimme Zeiten auf die Siedler zu. Die Ernährungslage wurde schwieriger und den Siedlern wurde bewusst, wie wertvoll ihr Stückchen Land zur Selbstversorgung wurde. Jeder freie Fleck wurde bebaut. Die schreckliche Zeit fand ihren tragischen Höhepunkt im Jahre 1944, als die Hammerschmiede von Luftangriffen betroffen war und 22 Häuser getroffen wurden. Es waren im Gefolge des Krieges 70 Tote zu beklagen, dazu kamen viele Verwundete, Vermisste und Gefangene. Als der Krieg beendet war, zogen amerikanische Truppen in das Schulhaus ein. Anstelle des Siedlerführers wurde wieder ein freier Vorstand gewählt.

Die Zeit des Wiederaufbaus begann. Die Siedlerstellen waren überbelegt. Jeder Raum war der Bewirtschaftung nach dem Kontrollgesetz unterworfen. Daher verfielen manche Siedler auf die Idee, Ihre Kleintiere in kleine Ställe auszuquartieren und den Stall zu einem Zimmer auszubauen, so war wieder etwas Wohnraum gewonnen.

Das Gemeindehaus wurde wieder aufgebaut und ging von der Stadt an die Siedlung als Eigentum über. Eine große Erleichterung war der Anschluss der Siedlung an den Strom. Jeder war froh, vom Gas als Lichtquelle wegzukommen.

1950 entstand ein Sportverein. Aus den Kindern wurden junge Leute, die ebenfalls in der Siedlung verbleiben wollten, es musste neuer Wohnraum geschaffen werden. Jeder Pfennig wurde gespart und es entstanden Anbauten, die oft größer waren als die ursprünglichen Häuschen.

Die Siedlung vergrößerte sich weiter, es entstand die Siedlung West mit größeren Plätzen, größeren Häusern und breiteren Straßen. Die ersten Autos kamen und Garagen wurden gebaut. Elektrische Straßenlampen lösten die Gaslaternen ab. Südlich des Kirschenweges lagen sogenannte Krautgärten, kleine Landparzellen, die meist Kleinbauern aus Lechhausen gehörten. Die Parzellen wurden verkauft und es entstanden kleine Hütten, die zunächst schwarz bewohnt wurden. Da die Vertriebenen auf der Suche nach Wohnraum dazukamen, entstanden rund um die alte Stammsiedlung neue Häuser.

Mittlerweile reichten die Schule und der Kindergarten für die vielen Kinder nicht mehr aus. Die Pfarrei errichtete einen weiteren Kindergarten, hier wurde auch die immer noch sehr notwendige Schulspeisung ausgegeben. Der Bau der Siedlung Ost begann, ebenso die „Urban-Siedlung“ östlich der Neuburger Straße. Weiter ging es aufwärts. Die Omnibusverbindung wurde laufend verbessert. Westlich der Neuburger Straße entstanden zwei Supermärkte. Wohnblocks und Reihenhäuser wurden errichtet und es entstand die Nordtangente, die die Grenze zwischen Lechhausen und der Hammerschmiede zog. Allmählich gingen die Siedler in Ruhestand und ihre Kinder übernahmen die Siedlerstellen. Für die Alten wurden oftmals weitere Anbauten geschaffen mit allen modernen Errungenschaften wie Bäder und Zentralheizung. Gärten wurden von reinen Nutzgärten in Zier- und Erholungsgärten umgewandelt, man konnte seltene und exotische Gewächse bestaunen.

Quelle: Hammerschmiede gestern-heute-morgen, Chronik eines Augsburger Stadtteils. Herausgegeben im Eigenverlag vom SPD-Ortsverein Augsburg-Hammerschmiede im Jahr 1989